Pres du soloil
Besetzung: Gesang, Organetto, Blockflöte, Laute, Viella
Nach langem kalten Winter bricht endlich im Wonnemonat Mai der ersehnte Frühling herein. Tag und Nacht ertönt Vogelgezwitscher von der Lerche bis zur Nachtigall. Der Gesang der Vögel versetzt die Menschen seit langem in Staunen. Singvögel beleben Lieder, Mythen, Fabeln und Dichtungen. Nicht nur die leicht nachzuahmende Kuckucksstimme wird in der Musik widergespiegelt, sondern auch seine Gegenspielerin, die Nachtigall, wird versucht, lautmalerisch darzustellen. Vögel haben im Mittelalter einen großen symbolischen Wert: während der Adler oder der Falke als Jagdtier des Hochadels das Zeichen für Macht und Erhabenheit sind, ruft der Kuckuck das französische Wort “cocu”, den betrogenen Ehemann. Die Nachtigall kann als Symbol der Liebe, die Lerche als Frühlingsbote gelten. Alle diese Vögel sind Hauptakteure in mittelalterlichen Virelais, Madrigalen und Balladen wie zum Beispiel in der vielberühmten Lais Laüstic der Marie de France. Italienische und französische Lieder von Senleches, Paolo da Firenze, Borlet u.a., die in diesem Programm von Santenay präsentiert werden, sind von dieser Erzählung inspiriert.
Jacob de Senleches: En ce gracieux tamps
Modena: Biblioteca Estense,
Ms. 524, fol. 25v
Anonymus: Or sus vous dormez trop
Ivrea: Biblioteca Capitolare
Ms. 110, fol. 14v-15